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Offenheit und Nähe

Ich beim Sonntagsspaziergang durch den Innenhafen. Es ist grau in grau. Es ist bitterkalt. Und dann flattert da plötzlich ein Banner vor meiner Nase, auf dem steht: "Kirche ist offen!" Ich fühle mich eingeladen und trete in die kleine Karmelkirche ein. Als sich die Automatiktür mit einem dumpfen Geräusch hinter mir schließt, ist da nur noch herrliche Stille.

 

Als Erstes fällt natürlich die hohe Seitenwand ins Auge, die durch 570 runde Fenster Licht ins Innere lässt. Vom Stil her ein Hinweis auf den Beginn der 60er-Jahre, in der das Haus in dieser Form eingeweiht wurde. In der Tat ist dieses aber viel, viel älter und hat eine wirklich wechselvolle Geschichte hinter sich.

 

Nur kurz: Die Ursprünge liegen bereits im 13. Jahrhundert, als die Minoriten - die heutigen Franziskaner - an diesem Ort ein Zentrum für alternative Spiritualität gründeten. Alternativ deshalb, weil die Kirche zu dieser Zeit mehr politische Macht und wirtschaftlichen Reichtum im Kopf hatte. Hier aber sollten andere Werte zählen. Und offenbar zählen sie bis heute: Offenheit und Nähe zu den Menschen jeder Herkunft.

 

Fakt am Rande: Aufgrund der Minoriten- bzw. Franziskanerbrüder heißt die Straße, an der das Gotteshaus steht und sich in den Schatten der großen Salvatorkirche duckt immer noch Brüderstraße.

 

Habt ihr Lust auf mehr Geschichte? Spannend ist auf jeden Fall noch, dass die kleine Karmel- tatsächlich die Mutterkirche der großen Liebfrauenkirche ist, die während der Industrialisierung zunächst als Erweiterung angebaut wurde. Schließlich kamen immer mehr Menschen ins Ruhrgebiet und brauchten Platz. Nachdem im Krieg jedoch der Anbau zerstört wurde, fand die Liebfrauen ihren Platz am König-Heinrich-Platz und in die Karmelkirche zogen die namensgebenden Karmeliter aus den Niederlanden ein. Karmel übrigens nach dem Gebirge in Israel, in das die Mönche gepilgert waren, um Ruhe und Zuflucht zu finden.

Und Schwupps sind wir erneut in den 60ern und bei beschriebener Betonwand, aber auch bei früheren Stilelementen des Gotteshauses. Dem Tuffstein zum Beispiel, der das Äußere des Gebäudes prägt und den gotischen Spitzbögen, in denen bunte Glasfenster eingelassen sind.

 

Ich setze mich in die erste Reihe und betrachte diese Fenster. Sie scheinen trotz des grauen Wetters in Gelb und Blau zu strahlen. Der Altarraum liegt viel höher als der Rest der Kirche. Darunter befindet sich eine Krypta, in die ich aber gerade nicht hinein kann. Dafür kann ich im hinteren Teil der Kirche die "Mutter vom guten Rat" besuchen und eine Kerze entzünden. Die heilige Maria ist übrigens Patronin der Kirche.

 

Bevor ich gehe, hinterlasse ich ein Dankeschön im ausliegenden Gästebuch: "Danke für eine offene Kirche. Wie wunderbar ist das".

Fotos: Verena Meyer

Historie: karmel-duisburg.eu

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 Verena Meyer

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